Monday, January 28, 2013

TNF alpha Forum 2013


Achtung! 2014 fand auch ein TNF alpha Forum statt. Mehr dazu hier: 

http://rheumatologe.blogspot.de/2014/01/tnf-alpha-forum-2014.html




Auch in diesem Jahr fand ein TNF alpha Forum in München statt und zwar vom 15.01. bis 26.01.2013. Etwa 700 Rheumatologen, Gastroenterologen und Dermatologen nahmen daran teil. Den größten Teil machten die Rheumatologen aus, die erfahrungsgemäß auch die größte Abzahl von Patienten mit TNF alpa Inhibitoren behandeln. Von den fünf zugelassenen TNF alpha Inhibitoren ist Infliximab am längsten am Markt und es wurden bereits 1,5 Millionen Patienten weltweit mit diesem Wirkstoff behandelt. Den Vorsitz führte der Päsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, Prof. Jürgen Braun aus Herne.
Die Veranstaltung wurde von MSD gesponsert; die Firma stellt Infliximab und Golimumab her. Die Regel war, dass keine Beeinflussung des wissenschaftlichen Programm seitens des Herstellers zu erkennen war. Allerdings gab es eine Ausnahme, bei der die Anbiederung mit dem Hersteller für mich und andere, die ich dazu befragt hatte, kaum mehr erträglich war. Ich werde mir in der Zukunft sehr überlegen, ob ich mir noch einmal einen Vortrag von Herrn Prof. H. Schulze-Koops anhören werde.
Ich werde im folgenden Text nicht die Vorträge referieren, sondern weitergeben, was ich mitnehme.

U. Mrowietz: Chronisch-entzündliche Erkrankungen - ein biologisches "Fettnäpfchen"?
Unter Gewichtszunahme werden Makrophagen aktiviert, die einerseits entzündungsfördernde Zytokine wie TNF alpha, IL-1ß und IL-6 ausstoßen, und damit über weietere Schritte die Insulineresistenz und weitere Gewichtszunahme hervorrufen, aber auch zu vermehrter Entzündung führen. Das Fettgewebe stellt also einen wesentlichen Faktor dar, der den autoinflammatorischen Kreis aufrecht erhält. Interessanterweise werden auch Krankheitsverhalten und Depression davon beeinflusst. Rauchen und Übergewicht wirken zusammen, aber diesen Hinweis auf eine Studie, die beim ACR 2012 präsentiert worden war, hatte auch ich schon gegeben, z.B.: http://rheumatologe.blogspot.de/2012/11/2012-acr-meeting-in-washington-answers.html

D.C. Baumgart: Mikrobiom - Einfluss des Bakterienbesiedlung auf das Immunsystem
Eine wertvolle Einführung in die Verteilung der verschiedenen Bakterien, die mit uns und in uns leben. Es gibt verschiedene Verteilungstypen, also welche Bakterien das Individuum besieden. Mehr darüber: www.danielbaumgart.de  
Über faserreiche Kost steigt der Anteil an Buttersäure und dadurch sinkt die Aktivierung von T-Zellen, so dass die Entzündung darüber beeinflusst werden kann.
Der pseudomembranösen Kolitis liegt eine Überwucherung mit Clostidium difficile zugrunde, die fast immer die Komplikation einer Antibiotikatherapie ist; ein weiterer Grund, sich gegen überflüssige Antibiotikatherapien auszusprechen. Diese Darmentzündung ist schwer zu behandeln und eine Transplantation von gesunder Darmflora ist effektiver als Vancomycin.

A. Zink: Lebensstil und rheumatoide Arthritis
Nun ist das, was ich seit Jahren in Vorträgen und auch in diesem Blog anspreche, im Mainstream angekommen und das auch noch mit dem notwendigen wissenschaftlichen Hintergrund. An Lebensstil assoziierten Faktoren wurden genannt: "Rauchen, Alkoholkonsum, Übergewicht, Erährung, soziale Schicht / Bildung, Hormonexposition, Peridontitis".
Die kumulative Ereignisrate für die Entwicklung einer Arthritis steigt für übergewichtige Raucher im Vergleich zu Normalgewichtigen Nichtrauchern um 70%. Rauchen löst Rheumafaktor und CCP-Antikörperfaktor positive rheumatoide Arthritis aus. Raucher haben einen schlechteren Krankheitsverlauf und auch ein schlechteres Ansprechen auf Medikamente.
Erhötes Risiko auch durch viel rotes Fleisch und Eiweiß in der Ernährung. Das Risiko vermindert sich durch omega-3-Fettsäuren (sie sprach leider von "Fischöl") und für mich interessanderweise auch durch Olivenöl. "Vermutlich verringertes" Risiko besteht bei hoher Aufnahme von Gemüse und Obst.
Exposition gegenüber von Silikon und Mineralöl erhöhen das Risiko für die Ausbildung einer RA ebenso.
Stillen und eine lange fertile Lebensphase scheinen das Auftreten einer rheumatoiden Arthritis zu vermindern.
Auf die beiden Studien beim ACR 2012 (Abstract No. 1202 und 1204 über Porphyromonas gingivalis) hatte ich auf diesem Blog bereits hingewiesen, aber noch nicht näher ausgeführt. Porphyromonas gingivalis triggert die Citrullinierung von Peptiden - damit wären wir bei den CCP-Antikörpern! Also könnte die Behandlung der Periodontitis nicht nur dem Erhalt der Zähne dienen, sondern auch die Ausbildung der rheumatoiden Arthritis behindern.

K. Reich: Safety Update und Prophylaxe
In den letzten 10 Jhren hat sich die Rate von Hautkrebs verdoppelt, seit den 70iger Jahren verdoppelt.
Die Pathogenese der Psoriasis und das neue Modell der Interaktion von angeborenem und adaptiven Immunsystem wurden vorgestragen. Etwa, welche Rollen Th-17 Zellen, IL-23 oder IL-17 spielen.
Die Rate von Hautkrebs ist bei Menschen mit Psoriasis, rheumatoider Arthritis und chronisch-enttzündlichen Darmerkrankungen höher als bei der Normalbevölkerung. Die Rate in unter traditionellen DMARDs höher bei Patienten mit rheumatoider Arthritis.
Prophylaxe durch Hautkrebsscreening, Selbstuntersuchung, konsequenten Sonnenschutz und Stoppen von Rauchen.
Nebenbei wurde auch die Forderung nach einem Sicherheitshinweis wie auf Zigarettenpackungen für Solarien gefordert.

A. Rubbert-Roth: Kongress-Highlights 2012
A. Rubbert-Roth konnte wegen einer Erkrankung nicht teilnehmen und U. Müller-Ladner hat anhand der Folien den Vortrag gehalten. Ich möchte der Kölner Rheumatologin an dieser Stelle herzliche Genesungswünsche übermitteln.
Nachdem sich in den Jahrzehnten vor 2000 nur wenig in der Therapie der rheumatoiden Arthritis getan hatte (1985 MTX allgemein genutzt in der Therapie, Ende der 90iger Jahre Lefluinomid), kam danach Bewegung in die Therapie: Infliximab (2001), Eternacept (2002), Adalimumab (2003), Anakinra (2002), Rituximab (2004), Abatacept (2007), Tocilizumab (2009), Golimumab (2010), Certolizumab (2010), Xeljanz (2012 USA). Auch an Leitlinien und Kriterien für Therapie und Diagnose sowie Remission bzw. Ansprechen hat sich seit 2008 viel getan.
Mit dem Einsatz von TNF alpha Inhibitoren haben sich die Zahl der Krankenhausaufenthalte und die Zahl von operativen Eingriffen vermindern lassen.
Als neue Therapeutika gegen weieter Targets wurden Sarilumab, Sirukumab, Olokizumab, Sekukinumab, Mavrilimumab, MOR103 und die small molecules genannt, die alle hier im Blog bereits besprochen wurden.
Neu war für mich der Preis für Tofacitinib (Xeljanz) in den USA: ca. 25.000 US$ jährlich. Man hätte für ein solches Molekül, das einfacher in der Herstellung ist als ein monoklonaler Antikörper, deutliche weniger erwartet. Da werden wir abwarten müssen, wie sich IQWIG und GBA dazu äußern.

Dann kamen einige Vorträge, die mehr zusammenfassten als dass Neuigkeiten vermittelt wurden. Zum Beispiel waren die Ausführungen von G.-R. Burmester oder H. Nüßlein interessant, aber mir in anderer Form bereits häufiger nähergebracht.



J. Sieper: 10 Jahre TNF-Blocker-Therapie bei AS - Wie früh behandeln?
Es wurden einige sehr lehrreiche MRTs der Iliosakralgelenke gezeigt - was ist Entzündung und was nicht. Ergebnisse aus der MASTER-Studie, an der ich auch beteiligt war, wurden präsentiert: ca. 40% der untersuchten Patienten gehörten zu der Gruppe mit axialer Spondyloarthritis. Ich werde in zwei Monaten im Rheinischen Rheuma Zentrum in Meerbusch einen Vortrag zum M. Bechterew halten und dann genauer auf diese Ergebnisse eingehen.
Nimmt man die ASAS 40 Verbesserungen verschiedener TNF alpha Inhibitoren in Studien, so unterscheiden sie sich nicht signifikant. Wenn auch die Werte 47% für Infliximab und 39% für Adamimumab auf einen Trend hinzudeuten scheinen.
Die Zulassungshistorie für die verschiedenen TNF alpha Inhibitoren sind in den USA und Europa unterschiedlich. USA: Etanercept (2003), Infliximab (2004), Adalimumab (2006), Golimumab (2009). Europa: Infliximab (2003), Etanercept (2004), Adalimumab (2006), Golimumab (2009), Adalimumab für die nicht-radiografische axiale Spondyloarthritis (2012).

A. Strangfeld: Neue Daten aus dem Biologika-Register RABBIT
Auch sie präsentierte eindrückliche Daten, wie sehr doch das Rauchen die Krankheit beeinflusst und nicht nur das, sondern wie stark die 5-Jahres-Überlebensrate bei Rauchern absinkt. Weiter von Interesse ist das Ansteigen der Sterblichkeit unter Prednisolon über 5 mg, die Kurve zeigt ein exponentielles Ansteigen der Sterblichkeitsrate. Das heißt, dass wir noch mehr darauf achten müssen, die Dauergabe von Prednisolon auf 5 mg zu beschränken.
Eine höhere Sterblichkeit in den Registerdaten ist zu sehen bei hoher Krankheitsaktivität, schlechter Funktionsfähigkeit und Prednisolon über 5 mg. Diese Rate verringert sich unter Biologika gegenüber von MTX.
Sie stellte den Rabbit Risiko Score vor.

K. Krüger: Nutzenbewertung der Biologika durch das IQWIQ - neue Entwicklungen
Die neuen Entwicklungen sind eine weitere Verzögerung in der Bewertung. Interessanterweise werden radiologische Daten nicht anerkannt. Das Belimumab-Verfahren wurde als Beispiel vorgestellt (Belimumab wird bei der Therapie des systemischen Lupus erythematodes eingesetzt). Das IQWIG sah keinen Nutzen, der GBA sah einen Nutzen, die Verhandlungen zwichen Hersteller und GKV-Spitzenverband führten zu einer Preisreduktion um 32,6%.

R. Fischer-Betz und St. Howaldt; Familienplanung unter Immunsuppressiver Therapie
Die Zahl von Frauen, die rezeptpflichtige Medikamente in der Schwangerschaft einehmen hat sich vervielfacht. Die Einnahme von Medikamenten liegt bei Frauen in der Schwangerschaft deutlicher niedriger, wenn sie keine fachkundige Beratung erhalten hatten. Die meisten Medikamente werden nicht wegen bewiesener Teratogenität sondern wegen Mangel an Daten zur Sicherheit abgesetzt. Ca. 3-5 von 100 Kindern weisen Fehlbildungen auf, aber nur bei 3% von denen sind Medikamente verantwortlich. Eine aktive rheumatiosche Erkrankung erhöht das Risiko für einen Spontanabort.
(Bei Colitis ulcerosa oder M. Crohn kann Ibuprofen einen Schub auslösen.)
Einige praktische Tipps wurden angesprochen, wie: Methotrexat drei Monate vor Konzeption absetzen. TNF alpha Inhibitoren bis zur Konzeption, dann absetzenn und Lokaltherapie und Prednison. TNF alpha Inhibitoren nur im Schub. Plazentagängigkeit beachten. Wenn Infliximab im letzten Trimenon gegeben wurde, keine Lebendimpfung! Vor einer Schwangerschaft sollte nicht abgeraten werden. Ferroinjekt als Kurzinfusion bei Eisenmangel.
Aktuell gibt es keinen Informationsbogen für Schwangere oder zur Familienplanung.
Stillen ist häufig, aber nicht bei allen Präparaten möglich. Es sollten Wege eröffnet werden, dass gestillt werden kann. Dafür bedarf es aber fachkundiger Beratung, für die man im Einzelfall auch weitere Wege in Kauf nehmen muss.
Ein Workshop aus den Mann viel mitnehmen konnte.

K. Krüger und A. de Weerth: Schmerztherapie bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen
Paracetamol hat in niedriger Dosierung keine ausreichende Wirkung bei Arthritis. In hoher Dosierung (3-4 g täglich) ist das kardiovaskuläres Risiko vergleichbar zu NSAR. In Überdosierung treten schwere Lebernebenwirkungen auf.
Opioide haben nur eine geringe Effektstärke bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Das Frakturrisiko durch Stürze ist jedoch deutlich erhöht. Ich hatte hier im Blog bereits darauf hingewiesen. http://rheumatologe.blogspot.de/2012/11/verschiedene-schmerzarten-in-der.html 
Traditionelle NSAR fördern das Risiko für die Ausbildung von Ulzera. Das Risiko für Blutungen steigt: 6fach für Alter über 60 Jahre, 5fach für Ulkus in der Anamnese, 5fach für Kortikosteroide, 10fach für NSAR-Kombinationen bzw. Überdosierungen und 12fach Antikoagulation [die Daten wurden von M. Bläker zusammengestellt].
Die beste Prophylaxe vor Blutungen haben Coxibe plus Protonenpumpeninhibitor (z.B. Omeprazol, Pantoprazol).
Die Interaktion zwischen niedrig dosiertem ASS zur kardiovaskulären Protektion mit Ibuprofen ist immer noch nicht allen Verordnern bekannt. Hier ist die Folie, die von den Referenten gezeigt wurde:


Ich rate regelmäßig von der Kombination Ibuprofen und ASS ab. Es gibt in diesem Fall genügend Alternativen.
Katadolon führt nicht zu besserer Wirksamkeit als Novalgin, beschert aber häufig vermehrte Müdigkeit.
SSRI, die oft zur Komedikation in der Schmerztherapie genommen werden, erhöhen das gastro-intestinale Risiko um das 1,8fache.
Als Sahnehäubchen gabs noch die Präsentation eines M. Whipple. Ein gelungener Workshop auch dies.


Th.A. Luger und R. Mößner: Paradoxe Hautreaktionen und Anti-TNF-alpha-Therapie
Bei den paradoxen Hautreaktionen sind die bekannten Prädilektionsstellen der Psoriasis vulgaris weniger betroffen als die Kopfhaut, die Intertrigines und die Handflächen und Fußsohlen. Das Auftreten kommt in der Regel erst mit deutlicher Anwendungsdauer. Es handelt sich um ein seltenes Ereignis mit bis zu 3 Fällen in 1000 Patientenjahren. In der Regel muss der TNF-Inhibitor nicht abgesetzt werden. Die Lokale Therapie reicht häufig aus. Der Wechsel auf einen 2. oder auch 3. TNF-alpha-Inhibitor kann notwendig werden.

Insgesamt ist wieder ein interessantes TNF alpha Forum. Den Veranstaltern und Referenten herzlichen Dank! Viel Erfolg für das TNF alpha Forum 2014! Denn nach dem Forum ist vor dem Forum (sehr frei nach Sepp Herberger).

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