Monday, January 20, 2014

TNF alpha Forum 2014



Auch in diesem Jahr fand ein TNF alpha Forum in München statt und zwar vom 17.01. bis 18.01.2014. Über 700 Dermatologen, Gastroenterologen und Rheumatologen nahmen daran teil. Den größten Teil machten in diesem Jahr die Gastroenterologen aus, wahrscheinlich, weil es eine Neuzulassung auf ihrem Fachgebiet gab. Die Veranstaltung wurde von Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner moderiert. Die Veranstaltung wurde von MSD gesponsert; die Firma stellt u.a. Infliximab und Golimumab her. Eine Beeinflussung des wissenschaftlichen Programms seitens des Herstellers war nicht zu erkennen.



Ich kann im folgenden Text nicht die gesamten Vorträge referieren, sondern nur weitergeben, was ich als interessante Neuigkeiten oder auch Diskussionen mitnehme.

Prof. Dr. H. Schulze-Koops: Targets in der Rheumatologie
Nachdem ich mich im letzten Jahr ziemlich über einen seiner Vorträge aufgeregt hatte (siehe: http://rheumatologe.blogspot.de/2013/01/tnf-alpha-forum-2013.html), war ich jetzt freudig überrascht über den guten Vortrag mit vielen interessanten Hinweisen.
Die Unterteilung erfogte in funktionelle, zelluläre, humorale und intrazelluläre Targets.
Die Chemokin-Rezeptoren könnten geeignte Ziele für RA [rheumatoide Arthritis] und PsA [Psoriasisarthritis] sein, werden aktuell bei der Psoriasis beforscht (Mausmodelle).
Die autologe Stammzelltransplantation wurde erwähnt, wobei die meisten Patienten jeodch in den Gruppen systemische (PSS) und Lupus erythematodes (SLE) zu suchen sind. In der ASTIS-Studie wurden über 1500 Patienten betrachtet: 5-Jahres-Überlebensrate 85%, progressionsfreies Überleben 43% und 100 Tage transplantationsbedingte Mortalität bis 1-11%.
Eine interessante Neuheit stellt das Ziel der regulatorischen T-Zellen dar, Tregs - das hört sich in englischen Vorträgen wie T-Rex an. Hier bestand ein kleiner Fehler, da es sich um das Präparat Tregalizumab (BT061) handelt und nicht um Tregolizumab (siehe auch meinen bereits bestehenden Blogpost: http://rheumatologe.blogspot.de/2014/01/tregalizumab-at-acr-2013-meeting-in-san.html).
Die Menge an Th17 Zellen korreliert mit der Erkrankungsaktivität. Ixekizumab wurde unter der alten Bezeichnung LY2439821 erwähnt. Und als zweite Substanz Secukinumab bei der PsA. Aktuell werden Brodalumab, Ixekizumab und Secukinumab erprobt.
Zu Tofacitinib gab es einige Informationen. Es ist zugelassen in den USA, Japan, der Schweit, UAE, Kuwait, Argentinien und Russland. Losten in den USA: 24660 US$ pro Jahr.
Am Ende noch Hinweise auf verschiedene Studien zu immunologischen Therapie, die an RNA/DNA ansetzen.


Prof. Dr. D. Thaçi: Targets in der Dermatologie
Zugelassen für die Psoriasis sind Adalimumab, Etanercept, Infliximab und Ustekinumab. Zugelassen für die Psoriasisarthritis sind Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Golimumab, Certolizumab und Ustekinumab. Ustekinumab inhibiert IL-12/23.
In der Dermatologie spielt IL-17 eine größere Rolle als in der Rheumatologie. Brodalumab(IL-17A, IL-17F, IL17a/F, IL-17E, IL-17C), Ixekizumab und Secukinumab (jeweils IL-17A, IL17a/F) werden neben anderei erprobt. Secukinumab ist bei einem reinen Hautbefall besser als Etanercept (H2H-Studie). Es werden noch weitere in Phase 1 bzw. auch Phase 2 Studien untersucht: CNTO 1959, MK-3222 (Tildrakizumab), AMG 139, RG4934, NI-1401, SCH 900117. Tildrakizumab zeigt einen PASI 75 bei 74,4% in der 200 mg Gruppe verglichen mit 4,4% in der Placebo Gruppe.
Für die Dermatologie könnte 2014 ein neuer Calcineurin-Inhibitor zugelassen werden: Voclosporin. In der Rheumatologie ist mir bislang keine Studie bekannt geworden. Weitere Inhaltsstoffe werden bereits in Phase 3 Studien getestet: z.B. Apremilast und Tofacitinib. U.a. werden Ruxolitinib und Tofacitinib auch topisch getestet.

Zum Ende wurde die interessante Arbeit von W. Chen und Kollegen zitiert: „Beer and beer compounds: physiological effects on skin health“ (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23802910).



Prof. Dr. St. Schreiber: Targets in der Gastroenterologie
Hier möchte ich für Rheumatologen auf eine Abkürzung hinweisen: CDAI, steht in der Rheumatologie für Clinical Disease Activity Index, aber in der Gastroenterologie für Crohn’s Disease Activity Index. Und der zeigte in den Studien ACCENTI, CHARM sowie PRECISE 2&3 bereits im ersten Jahr einen Verlust an Effektivität der TNF-alpha Inhibitoren. Deshalb ist es wichtig, dass viele andere Ansätze untersucht werden. Für M. Crohn sind dies bei den IL-Inhibitoren z.B. Ustekinumab sowie zehn weitere, bei den CAM-Inhibitoren Vedolizumab und weitere, Ozoralizumab und weitere TNF-Inhibitoren, Chemokin-Rezeptor-Inhibitoren (CCX-025, CCX262-B), Immunmodulatoren wie Iaquinimod oder Rifaximin, und last not least Tofacitinib als bislang einziger JAK3-Inhibitor. Für die Colitis ulcerosa sind dies bei den IL-Inhibitoren z.B. Anrukinazumab sowie sechs weitere in Phase 1, bei den CAM-Inhibitoren Vedolizumab und vier weitere, drei TNF-Inhibitoren und Dersalazine (?), zwei Chemokin-Rezeptor-Inhibitoren, Immunmodulatoren, Tofacitinib als bislang einziger JAK3-Inhibitor, weitere Protein-Kinase-Inhibitoren und Antioxidantien sowie Mittel mit Einfluss auf die Barrierefunktion. IL-17-Inhibitoren sind nicht wirksam. Tocilizumab war in einer Pilotstudie wirksam. Weitere IL-6-Inhibitoren werden ebenfalls getestet; z.B. Okilizumab. Auch unter Natalizumab (zugelassener CAM-Inhibitor) ist es zu Progressiver Multifokaler Leukenzephalopathie gekommen (weltweit 15 Fälle, meist Patienten mit Multipler Sklerose). Auf Adhäsionsinhibitoren wurde hingewiesen; Natalizumab ist in den USA zugelassen, wurde in Europe jedoch abgelehnt, weitere werden untersucht.
Die TNF-Inhibitoren sind „noch die beste Option“. T-Zell exklusive Therapie haben geringe oder keine Wirksamkeit. Protein-Kinase-Inhibitoren sind wirksam in hohen Dosen mit entsprechendem Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Für Vedolizumab wird die Zulassung erwartet/erhofft. IL-6-Inhibitoren haben noch einen langen Weg – wie auch weitere Therapiestrategien.


Prof. Dr. B. Siegmund: Chronisch-entzündliche Erkrankungen und metabolisches Syndrom
An der Entzündung sind Adipokine (Leptin, Adiponectin, Visfatin, Resistin etc.). Zytokine (TNA-alpha, IL-6, IL-10, etc.), Chemokine (MCP1, etc.) und metabolische Faktoren (Fettsäuren, CRP, etc.) beteiligt.
Makrophagen werden in zwei Subpopulationen eingeteilt: M1 (akute Entzündung / z.B. TNF-alpha hoch, IL-23 hoch, IL-10 niedrig) und M2 (chronische Entzündung / z.B. IL-1Ra hoch, IL-10 hoch, TNF-alpha niedrig).
Bei Patienten mit Diabetes mellitus führt die Gabe von Anakinra zu einem Abfall von HbA1c bzw. der Nüchternglukose.
Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis führen erhöhtes IL-6, erhötes CRP (TNF-alpha) und das Lipidprofil zu einem erhöhten kardiovaskulären Risiko.
Phosphatidylcholin wird intestinal zu Trimethyl-N-Oxid metabolisiert (TMAO), welches das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse verschlechtert. In einer Studie mit über 4000 Patienten steigerte sich das Risiko um das 2,5fache für diejenigen im obersten Quartil von TMAO.


Als Wetter hatte der Veranstalter schließlich auch noch Nebel bestellt. Das wäre allerdings nicht notwendig gewesen, denn die Vorträge und Workshops waren so interessant, dass die Gefahr für ein Fernbleiben gegen Null tendierte.




Prof. Dr. G.-R. Burmester: Biologika-Therapie und DMARDs: Kritischer Vergleich von Mono- und Kombinationstherapie
Wir wenden bereits so lange Methotrexat (MTX) an und immer noch nicht sind alle Einzelheiten des Wirkmechanismus bekannt. Allerdings gibt es sehr genaue Vorstellungen, was alles eine Rolle spielen kann: Zytostase, Apotose-Induktion, Zytokin-Regulation, Entzündungshemmung und Immunsuppression. Darüber werde ich später einmal gesondert berichten.
Methotrexat eignet sich wahrscheinlich als Kombinationspatrtner für Biologika, da die Bildung von neutralisierenden Antikörpern unterbunden wird (anti drug antibodies), da die Clearance der Biologika verändert wird und die T-Zell-Funktion beeinflusst wird (nicht RA!).
Interessanterweise sollte auch Tocilizumab mit Methotrexat kombiniert werden, denn in den EULAR recommendations heißt es (Nr. 9): „... Thus, if biological monotherapy must be initiated, tocilizumab has some supportive evidence, but taken together, the data strongly support the use of all biological agents in combination with MTX.“
Mit einer höheren Dosierung von MTX nehmen nur zwei Nebenwirkungen etwas zu: Infektionen und Haarverlust. Ansonsten scheint die konsequente Gabe von Folsäure die Nebenwirkungsrate gesenkt zu haben.
Gewarnt wurde vor der Kombination von Leflunomid mit Biologika. Der GBA ist der Auffassung, dass der Nutzen ungesichert ist und Nebenwirkungen häufiger sind. Es handelt sich also um eine Regressfalle. Deshalb ist es generell sicherer, die Präparate in den zugelassenen Kombinationen einzusetzen. Nur Tocilizumab, Adalimumab und Etanercept sind als Monotherapie zugelassen.

Prof. Dr. J. Wollenhaupt: 5 "GO-Studien" über 5 Jahre: Aktuelle Langzeitergebnisse bei RA, AS und PsA
Stabile Daten über 5 Jahre. Keine neuen Sicherheitsprobleme.
Da ich die Studien seit Jahren verfolgt hatte, fällt meine Mitteilung über den guten Vortrag hier etwas lakonisch aus.
Abkürzungen der Studien siehe hier: 

PD Dr. U. Syrbe: Therapiemöglichkeiten für SpA-Patienten mit entzündlicher Darmbeteiligung
COX-2-Hemmer sind bei Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung (CED) möglich. Bei Ineffektivität, Nebenwirkungen oder aktiver CED kann ein TNF-alpha-Inhibitor eingesetzt werden. Zulassung für die nicht-radiologische Spondyloarthritis: Adalimumab und Certolizumab. Zulassung für die ankylosierende Spondylitis: Infliximab, Etanercept, Adalimumab Golimumab und Certolizumab. Zulassung für die Colitis ulcerosa: Infliximab, Adalimumab und Golimumab. Zulassung für M. Crohn: Infliximab und Adalimumab.

Prof. Dr. K. Reich: Fakten zum Hautscreening bei Patienten mit Biologika-Therapie aus dermatologischer Sicht
Schleswig-Holstein konnte durch Hautscreening die Todesfälle beim Melanom um 47% bei Männern und um 49% bei Frauen senken (1999-2009). In Gesamtdeutschland hatte sich keine Änderung ergeben.
Seit den 1970iger Jahren hat sich das Hautkrebsrisiko versechsfacht. 15.000 Erkrankungen an Melanom pro Jahr und 195.000 an Basalzellkarzinom. 80% der Lebenseinstrahlung an UV-Licht bereits vor dem 18. Lebensjahr. Es gibt ca. 4.000.000 Solarienbesucher; Besucher unter 35 Jahren kommen auf ein um 75% höheres Risiko für Hautkrebs.
Nicht-Melanom Hautkrebsarten (NMSC) häufigste Malignome bei therapierten Patienten. Wahrschein bei RA, nicht aber bei Psoriasis oder CED, Erhöhung von NMSC und Melanom. Basalzellkarzinom kann schlechter abgeschätzt werden, da die Entwicklung länger dauert.
Was kann man zur Minimierung des Risikos unternehmen? Dermatologisches Hautscreening, konsequenter Sonnenschutz (zwischen 11-15:00 nicht in die Sonne gehen, UV-dichte Kleidung, Kopfbedeckung, hoher Lichtschutzfaktor, Lichtschutz auch bei Bewölkung), Rauchen stoppen.

Prof. Dr. U. Müller-Ladner: Neues und Bewährtes: Kongress-Highlights 2013
Vorschlag der neuen Nomenklatur für DMARDs, wie von J. Smolen geäußert. Siehe auch: http://rheumatologe.blogspot.de/2014/01/dmards-and-proposal-for-new-nomenclature.html,
Die häufigste Komorbidität bei RA ist die Depression.
Eine Studie von Pope et al. zeigte, dass ein Weglassen von MTX zu einem höheren DAS28 führte.
Das RABBIT Register zeigt, dass durch Rauchen, KHK, Alter und Geschlecht das Risiko zu Versterben steigt. Höchstes Risiko hatte männliche Raicher über 65 Jahre mit KHK.
Durch TNF-alpha-Inhibitoren halbiert sich das Risiko für ein akutes Koronarsyndrom (Myokardinfarkt, instabile Angina pectoris, Tod durch Myokardinfarkt).
Die DGRH Empfehlungen zum peri-operativen Management zu TNF-alpha-Inhibitoren werde ich gesondert behandeln.
Zur Schwangerschaft gab es ebenfalls Informationen. Eine hohe Aktivität der RA und Prednisolon führen zu einer höheren Rate an Frühgeburten und/oder Präeklampsie. TNF-alpha-Inhibitoren sind möglichkerweise während der Schwangerschaft geeigneter als Prednisolon (Chaudhary et alö., ACR 2013 Poster #1330 und Clowse et al., ACR 2013 Poster #433).
Rituximab kann sich negativer als TNF-alpha-Inhibitoren auf eine chronische Hepatitis B auswirken.
RA und Wetter. Bei sonnigem und trockenen Wetter signifikant weniger Beschwerden. Siehe auch hier: http://rheumatologe.blogspot.de/2013/11/influence-of-weather-on-rheumatoid.html und http://rheumatologe.blogspot.de/2013/10/wetter-und-entzundlich-rheumatische.html

Prof. Dr. med Dipl. geol. H.-Ch. Gunga: Anpassungsfähigkeit des menschlichen Körpers an Extremsituationen: Hitze, Kälte, Höhe, Schwerelosigkeit, Isolation
Ein fesselnder Vortrag, den ich aber nicht referieren kann.



Insgesamt war es wieder ein interessantes TNF alpha Forum. Wichtig finde ich den Austausch mit den anderen Fachgebieten - einmal mehr über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken. Den Veranstaltern und Referenten herzlichen Dank! Viel Erfolg für das TNF alpha Forum 2015! 

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